Konfiarbeit in der Pandemie
Mit dem Konfi-Bound auf religiöser Spurensuche
„Als ich realisiert habe, dass der Konfi-Tag nicht stattfinden wird, ging in mir erst einmal ein Rollladen runter”, beschreibt Ursula Bornemann ihre Stimmung im Frühjahr 2020. Der große Begegnungstag, an dem seit 2010 jeden Herbst etwa 300 Konfis teilnehmen, war bereits in der Planung und musste nun pandemiebedingt komplett ausfallen. Für die Gemeindepädagogin besonders schmerzlich war der Verlust der aktiven Gemeinschaft: „Die Konfis spüren an diesem Aktionstag, dass es noch Hunderte andere gibt, die sich für die Konfirmation entschieden haben.” Bornemann hatte das Gefühl, dass ihr die Pandemie das pädagogische Handwerkszeug, das von echter Begegnung und Beziehungsarbeit geprägt ist, aus den Händen genommen wurde. Das ließ ihr keine Ruhe. „Ich wollte mich damit nicht abfinden und habe nach einer Alternative gesucht. Rückblickend muss ich sagen: Ich habe keine Alternative gefunden, sondern etwas Neues geschaffen.”
Fortan investierte Ursula Bornemann ihr Herzblut in etwas, das mit und ohne Corona stattfinden kann. Sie erinnerte sich an den Vorschlag eines jungen Kollegen, der sie bereits 2015 auf digitale Varianten für die Konfi-Arbeit aufmerksam gemacht hatte, die sie gern damals schon genutzt hätte. „Die Zeit war noch nicht reif für die Digitalisierung. Wir waren alle noch nicht so weit. Es gab von allen Seiten Widerstand, das Smartphone stärker einzubinden.” Im ersten Lockdown erinnerte sie sich daran und fing Feuer für die Idee, ein digitales Spiel über eine App für die Konfis zu entwickeln. So wurde sie zur Mutter des Konfi-Bounds.
Besser als gedacht – Konfi-Unterricht per Handy
Das Spiel basiert auf der App Actionbound, mit der Anwender*innen selbst digitale Rätsel, Schnitzeljagden oder Ähnliches erstellen. Diese digitalen Spiele können dann einzelne Personen oder Gruppen am Smartphone spielen. Mithilfe von Bornemanns Konfi-Bound setzen sich die Konfis mit Geschichten aus der Bibel auseinander oder lernen ihre Kirchengemeinde und das Dekanat kennen. Dazu kann auch praktische Arbeit gehören: In einer Aufgabe kochen die Konfis eine biblische Suppe nach und laden dann ein Foto davon hoch. Für alle gelösten Aufgaben gibt es Punkte.
Die 50-Jährige überzeugte die Gremien im Dekanat und bildete sich im ersten Lockdown digital weiter: „Das war gut. Ich habe viele Menschen getroffen, denen es genauso ging wie mir. Alle waren auf der Suche nach einem neuen Ansatz.” Als Pionierin erlebte sie auch Widerstand, blieb aber trotz allem dran an der neuen Idee und der Frage, wie „emotionale, religiöse Arbeit über Technik” funktionieren kann. „Ich hatte keine Angst, dass es scheitert”, fasst sie diese innovative Phase zusammen, aber sie kämpfte mit dem digitalen Konzept der App. Sie erkannte, dass ihre Ausbildung ihr dabei wenig hilft – denn analoge Ideen lassen sich nicht einfach so auf Digitales übertragen. „Ich hatte einen hohen Anspruch und dann zu Beginn so eine Art kreative Verstopfung”, beschreibt sie schmunzelnd diese erste intensive Entwicklungsphase.
Hohe Akzeptanz bei Jüngeren und Älteren
Pünktlich zum zweiten Lockdown im November 2020 hat sie ihre Idee umgesetzt. Bornemann lädt seitdem die Gemeinden dazu ein, den Konfi-Bound zu nutzen. In der ersten Runde sind 90 Konfis aus elf Kirchengemeinden aktiv dabei und spielen mit. Einige von ihnen berichten von ihren Erfahrungen. „Da wir uns zum Konfi-Unterricht nicht mehr treffen konnten, war das eine gute Alternative”, findet Alice Götz. Die Konfis loben die App, unterbreiten Bornemann aber auch Verbesserungsvorschläge: Das Spiel kann noch flexibler werden, sie wünschen sich eine Jokerfunktion und wollen Aufgaben, die sie nicht lösen können, auch überspringen dürfen. Das sind wertvolle Tipps für die Gemeindepädagogin, die sie sofort aufgreift.
Bisher empfinden die Konfis ihre Zeit trotz der Einschränkungen als gut. Für Anahita Shirian hat die Konfi-Gruppe auch was Tröstliches: „Corona hat die Konfi-Zeit schwerer gemacht. Ich fand es aber gut, dass wir trotzdem eine Gemeinschaft hatten, mit der wir uns austauschen konnten.” Die Konfis wünschen sich zukünftig mehr digitale Angebote und sie sehen darin auch eine Chance, ihre Generation für kirchliche und religiöse Themen zu gewinnen. „Wenn Menschen neu in einen Ort ziehen, könnten sie über so ein Handyspiel die Kirchengemeinde kennenlernen”, regt Arne Schmidt an. Die App hat ihnen Spaß gemacht und sie haben etwas gelernt. Trotzdem: Komplett ersetzen kann ein Handyspiel das Miteinander der Konfi-Zeit nicht. Darin sind sich alle einig.
Ursula Bornemann freut sich über das gute und anregende Feedback der Konfis und stellt fest, dass die positive Resonanz in den Kirchengemeinden langsam zunimmt. Zwischenzeitlich hat sie weitere Bounds erstellt und Ideen für die Zukunft: „Wenn die Gelder da sind, würde ich es gern weiterlaufen lassen und weiterentwickeln. OsterBound, digitale Kirchenführungen, Bounds zu weiteren religiösen Themen – und alle Zielgruppen sind denkbar.” Die Kämpferin hat die eigene Krise in eine Chance umgewandelt und bleibt zuversichtlich: „Eigentlich ist die Welt noch nie untergegangen!”
Von Heidi Sekulla
zuerst erschienen im Jahresbericht der EKHN 2020/2021
Im Coronajahr ist die Zahl der Konfirmationen stark zurück gegangen:
2019 fanden 11.881 Konfirmationen im Gebiet der EKHN statt, 2020 dann nur noch 8.342.